Freitag, 20. März 2009




The Prodigy
Invaders Must Die
Deutschlandtour | März 2009

Konzertreview

von
Herr Stern


Die Bühne

Etwas spartanisch sind sie schon - die neuen Bühnenaufbauten, die da die Herren Howlett und Co für die aktuelle Clubtour über den Ärmelkanal auf das europäische Festland gekarrt haben. Vorbei scheinen die Zeiten, als überdimensionale Boxen- und Scheinwerferbatterien und riesige, beleuchtete Kreuze das Gesamtbild bestimmten. Allesamt vor der Kulisse riesiger Leinwände im Hintergrund der Bühne:
Einzig verbliebener Rest des grandiosen 2008er Bühnenbildes sind bitterbösen,düster dreinschauenden, rotaufleuchtenden Augen. Ansonsten ist alles einem völlig neuen, recht sparsamen und auf's wesentliche konzentrierte Bühnenkonzept unterlegen.
Aller optischer Firlefanz muß einer überdimensionalen Mauer weichen. Einer wirklich riesigen Mauer, bestehend aus Scheinwerfern. Unzähligen Scheinwerfern. Jeder einzelne Spot visiert drohend in Richtung Publikum. Doch damit ist der Lichtshow noch lange nicht Genüge getan. Auch hinter der Scheinwerfer-Wand hat die Band weitere riesige Lichtbatterien installieren lassen. Ebenso allesamt in Richtung Publikum gerichtet, wirkt die ganze Lichtshow respekteinflößend und macht deutlich klar wer hier der Herr im Hause ist. Welch einschüchternde Szenerie. Auffällig ist das ziemlich konsequente Fehlen von großen Spots die auf Bühne gerichtet sind. Die Lichttechnik hat ihr Hauptaugenmerk auf eine sehr direkte Hintergrundbeleuchtung der Bühne gelegt.

Ein wenig zurückgefahren wirkt die Boxentechnik. Sicher geschuldet der kleineren Hallen, verzichtete die Band auf einige Elemente der Beschallungstechnik. Trotzdem strotzt das Gesamtpaket und braucht sich nicht zu verstecken. Nur fallen halt im direkten Vergleich mit früheren Shows (die allesamt in größeren Hallen gespielt wurden) die kleineren Aufbauten auf.

Ansonsten verflogt die übrige Bühnengeometrie das alte Konzept.
In der Bühnenmitte baut sich , gleich einem Altar, Liams Arbeitsplatz auf. Seit 2004 stetig gewachsen, wird die Technikabteilung auch dieses Jahr wieder um einiges Equipment mehr erweitert. Gleich der 2008'er Saison ziert eines der beiden frontalen Laptops das bekannte "Take Me to the Hospital"- Konterfei. Das rotleuchtende "Sex"-Schild (2004-2007) sucht man jedoch vergebens..
Die linke Bühnenseite bleibt dem Live-Drummer vorbehalten . Leo's Arbeitsplatz rückt nun noch weiter ins Rampenlicht und befindet sich nunmehr in der gleichen Flucht, wie Liams Altarkanzel. Nach meinem Vernehmen nach, ist das Schlagzeug seit dem Weggang Kieron Peppers deutlich angewachsen und wurde für die aktuelle Tour noch etwas erweitert. Die rechte Bühnenseite verbleibt als Interaktionsfläche für Rob und dient zudem als Ein- und Ausgangsbereich der Band. Da Rob ein sehr aktiver Gitarrist ist, hat man seinen Arbeitsplatz sehr großzügig gestaltet und räumt ihn so viel wie möglich Platz ein.



Die Show


Untypisch und ganz ohne ein Intro kommt The Prodigy bei der Invaders Must Die-Tour sofort zur Sache und legt mit World's on Fire erstmal ein echtes Brett hin. Schon mit dem ersten Takt spielt die neuinstallierte Lichtmauer ihr volles Potential aus und färbt die ganze Halle in ein gleißendes, glühendes Rot, dass nur ab und an von heftigsten Stroboskopgewitter zerrissen wird. Der Tot für jeden Versuch diese Szenerie auf Foto zu bannen.Dabei gestaltet sich World's on Fire als ein überaus würdiger Einstiegssong und steht dem zuletzt gespielten Opener Their Law in nichts nach. Der Jilted-Klassiker folgt dann im direkten Anschluß. Erinnert die World's on Fire-Szenerie noch eher dem Vorhof der Hölle, so hüllt sich jetzt die komplette Bühne in ein bedrückendes, düsteres blaues Ambiente. Das Their Law ein Livekracher ist, bleibt ohne Frage. Auffällig ist aber die recht geringe Distanz zwischen diesem altbewährtem Livegaranten und World's on Fire. Das Publikum kennt absolut keinen Unterschied zwischen diesen beiden Songs. Es hat gar den Anschein, als dass man nie etwas anderes gespielt hätte als World's on Fire.
Noch auffälliger wird dies, zieht man den direkten Vergleich zum Vorgängeralbum und den 2004/2005 gespielten Neulingen. Waren damals die Reaktionen noch eher verhalten, so schaltet das Publikum jetzt und hier eher noch einen Gang nach oben und zelebriert förmlich das neue Material. Über die ganze Show hinweg wird sich dieser Eindruck noch weiter festigen. Durch die Band weg funktionieren die neuen Songs tadellos und brauchen sich in keinster Weise hinter den alten Livebrettern zu verstecken. Am deutlichsten wird dies sicher mit Omen. Würde man ein Verfechter von "das ist das neue..... " oder "vergleichbar mit....."Theorien sein, dann würde man wohl hier am ehesten den Vergleich mit Breathe suchen. Denn schon hier findet man eine Interaktion der Band. Konzentriert sich in dem Fat of the Land-Hit noch alles auf Maxim und Keith verlagert sich mit Omen der Fokus auf die Band und das Publikum. Mit den beiden Bühnenderwischen auf der einen Seite und einer begeisterten Menge auf der anderen Seite der Absperrung setzt Omen für die Prodigyshows neue Maßstäbe.
2000 Menschen brüllen sich die Seelen aus dem Leib, lassen keine einzelne Zeile der Lyrics aus und nehmen das Angebot der Band, aktives Bestandteil der Show zu sein dankbar an. Damit avanciert Omen zu dem wohl stärksten Song des aktuellen Sets.

Die Geräuschkulisse der ganzen Show rangiert in den lauteren Regionen. Nun zählen The Prodigy eher nicht zu den leisen und betuhlichen Livekapellen dieser Welt, aber aktuell hat die Band es geschafft, alle 3 Hallen soweit zu beschallen, dass sich der Lautstärkepegel im klaren Maximum des räumlich Möglichen bewegt. Vom Gefühl her nicht ganz so laut wie der 2004'er Gig im Kölner Palladium überzeugt die Beschallung hier deutlich mehr, als noch während der letzten Tour 2005 als man mit aller Macht versuchte die Hallen zu überschallen.
Dominiert wird das gesamte Set von brachialen und sehr tiefen Bässen. Auch gelingt es endlich, meinem (laienhaften) Empfinden nach das Schlagzeug und die Gitarren besser wiederzugeben. Dies alles zusammen genommen, wirkt die Geräuschkullisse viel runder und hinterläßt einen sehr guten Gesamteindruck. Für mich eher unerwartet, angesichts der kleineren Hallen.


Fazit.


Mit der Invaders Must Die Club-Tour beweisen The Prodigy ihr unglaubliches Gespür für eine sehr gute Liveshow. Sie ist laut, düster und sehr geradeaus. Die Band spielt alle Trümpfe der intimen Atmosphäre einer Clubtour aus. Das Publikum läßt sich auf die alten und neuen Spielereien ein und zelebriert die Band und die dargebotenen Songs. Dabei fallen vor allem die neuen Songs positiv auf. Mit einer unglaublichen Livequalität spielen Omen und Co locker in der SMBU und Breathe- Liga mit. Und hier liegt vielleicht der einzigste Knackpunkt der ganzen Show. Mit der Zeit sehe ich die Gefahr, dass die alten Songs ihren Reiz verlieren. Ich persönlich spürte in Berlin eine verhaltenere Reaktion auf die älteren Songs. Ich will nicht so weit gehen und behaupten, dass Breathe, Poison und Firestarter und funktioniert hätten. In Anbetracht der Tatsache, wie energiegeladen die neuen Stücke sind und das übrige Set aus Songs besteht, die seit wenigstens 10 Jahren die Bühnen dieser Welt in allen Farbvariationen rauf und runtergespielt wurden, läuft man Gefahr, dass man den bewährten Klassikern bald überdrüssig wird. Gerade Their Law, Breathe und Poison fielen mir hier besonders auf. Sicher, der ein oder andere sieht in den 3 Songs einen wichtigen Bestandteil einer guten Prodigyshow. Man sollte sich dabei aber auch einmal die Frage stellen - Ist dem so ? Ist weniger nicht manchmal sogar mehr?

Bleibt abzuwarten was die Zukunft bringt. Im Sommer erobert Invaders Must Die dann auch die großen europäischen Bühnen und wird fester Bestandteil der 09'er Festivalsaison. Angesichts der ungeheuren Livequalität des Albums und der Super-Stimmung der Band freue ich mich schon jetzt auf die kommenden Konzerte.




Setlist

World's on Fire
Their Law
Breathe
Breathe (dbstp)
Omen
Poison
Warriors Dance
Firestarter
(action riff)
Run
Voodoo
Colours [nur München- Weltpremiere]
Comanche
----
Invaders Must Die
Diesel Power
Smack
Take Me to the Hospital



The Prodigy auf Festivaltour

06.06.2009 | Rock am Ring | Nürburgring
07.06.2009 | Rock im Park | Nürnberg

07.08.2009 | SonneMondSterne | Saalburg
09.08.2009 | M'era Luna | Hildesheim

für Herbst 2009 kündigt die Band weitere Konzerte an.


weiterführende Links

www.prodigy-online.de
www.prodigy-net.de
http://myspace.com/prodigy_net

photos by herr stern ©2009
text by herr stern ©2009

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